Im Sommer: Calypso!
Als Baur beim BMW-Aufschnitt was dranließ
Kinder lieben Calippo-Kirsch, Reiner liebt Calypso-Cabrios. Deswegen hat der Inhaber von Ahrend 02 tuning gleich zwei der metallic-roten Frisurverwuschler in seiner Sammlung.
Über Reiners viertürigen E36 Baur berichteten wir vor einiger Zeit, nun ist der Neuzugang dran. Der gehörte einst einem guten Kunden von ihm, der den BMW vor zwölf Jahren unter Zuhilfenahme etlicher Teile aus Reiners Produktpalette teilrestauriert hatte. Dann traf den Herrn aus Bad Neuenahr-Ahrweiler das Pech, als sich im Sommer 2021 die verheerenden Überschwemmungen ereigneten, schildert Reiner: „Ihm ist neben seinem E30 Cabrio auch der 2002 Baur abgesoffen, der stand bis zur Mitte der Scheinwerfer in der Pampe. Weil er es unglücklicherweise versäumt hatte, der Versicherung ein aktuelles Wertgutachten zuzuschicken, zahlte die ihm nur einen lächerlich niedrigen Betrag aus. Da war er angefressen und fragte, ob ich den Wagen nicht übernehmen wollte. Ich wollte!“ Und welch glückliche Fügung: Im Zuge der zurückliegenden Aufarbeitung war der in „Colorado-Orange“ ausgelieferte und später in „Jadegrün Metallic“ umgespritzte 2002 vollumfänglich in „Calypso-Rot“ gehüllt worden.
Dann ging es los – nach viel Wasser floss nun viel Geld in den Wagen: Es galt, zahlreiche Komponenten des durchnässten Interieurs zu tauschen. So wichen die Standardsessel Sportsitzen mit Pepita-Mittelbahnen, die Rückbank wurde entsprechend angepasst. Die schmalen 5 x 13-Zoll-Aluräder machten feisten 15-zölligen BBS „RS“ Platz, das Serienvolant einem Momo Prototipo mit prominentem Alpina-Hupknopf. Ist der nicht etwas anmaßend? „Ach was“, lacht Reiner. „Schließlich steckt ja auch ein mit scharfer Nockenwelle, zwei 45er Weber-Doppelvergasern, optimiertem Kopf, Fächerkrümmer und Edelstahlauspuff auf Alpina-A3-Stand frisierter Motor im Vorderwagen. Jetzt liefert der M10 165 PS, dreht munter bis 7500 Touren hoch und atmet kehlig aus. Außerdem habe ich ein Fünfgang-Sportgetriebe sowie ein H&R-Fahrwerk montiert.“
All das kommt der Freude am Fahren freilich sehr entgegen, und die wollte das Stuttgarter Karosseriebauunternehmen Baur vor über einem halben Jahrhundert mobilitätsaffinen Sonnenanbetern auch abseits schrulliger britischer Sportwagen, pompöser Mercedes-Limousinen und knatternder Käfer erfüllen. Also: Dach ab! Allerdings beschritten die Schwaben lokale Wege und flexten nicht kurzerhand alles oberhalb der Fensterlinie ab. Denn anders als die zuvor angebotenen, komplett offenen 1600-2 Cabriolets stellen diese im Zuge des langsam aufkommenden Sicherheitsdenkens 1971 eingeführten Baur-Umbauten des 2002 keine Voll-Cabrios dar: Die Türrahmen bleiben erhalten, die Dachsäulen sind längs alle miteinander verbunden, und es gibt einen im verbliebenen Blechdachstreifen und den deutlich nach vorn versetzten C-Säulen über den Hinterbänklern verlaufenden Überrollbügel.
Über Fahrer und Beifahrer befindet sich ein stabiles GFK-Dachelement, das sich platzsparend in einer Aufnahmevorrichtung unter dem Kofferraumdeckel unterbringen lässt. Der hintere Teil des Daches ist als klassisches Faltverdeck mit Kunststoffscheibe ausgelegt. Jene Zweiteilung ermöglicht je nach Bedarf und Witterung mehrere Varianten des offenen Fahrens, sei es mit herausgenommenem Targadach, mit eingeklapptem Softtop oder komplett geöffnet. Landläufig wird das BMW 2002 Cabriolet zwar mitunter als „targa“ bezeichnet, geschützt hatte sich allerdings Porsche diesen Namen schon 1965 für seinen dergestalt bedachten Elfer. Ungeachtet der Tatsache, dass die Lösung mit nicht gänzlich abrasiertem Häuschen weniger Sonne einlässt, überzeugt sie durch Vielseitigkeit und Alltagstauglichkeit etwa in Form des nicht allzu sehr beschnittenen Gepäckraumvolumens.
„Obendrein ist dieses Layout erheblich steifer als ein nachträglicher Voll-Aufschnitt, der in der Regel nur mit viel Aufwand und Gewicht auf nur halbwegs akzeptable Verwindungsfestigkeit gebracht werden kann“, betont Reiner. „Und da ich immer gern das fahre, was machbar ist, kommt mir die höhere Steife des Baur sehr zupass. Als ich ihn im Sommer letzten Jahres freigestellt hatte, bin ich gleich die Alpenrallye mitgefahren. Mann, war das ein Spaß! Bestes Wetter, traumhaftes Panorama, jede Menge Kurven, hier und da ein Tunnel… Da war ich natürlich die ganze Zeit offen unterwegs, denn so fahre ich am liebsten.“
Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg
Feature Facts: 1972er BMW 2002 Cabriolet
Motor: BMW M10 R4, 1990 ccm, zwei 45er Weber-DCOE-152-Doppelvergaser, 300°-Nockenwelle, 165 PS, Fächerkrümmer, 2002-turbo-Auspuffanlage
Kraftübertragung: Fünfgang-Schongetriebe, Sperrdifferenzial, Hinterradantrieb
Fahrwerk: H&R-Fahrwerk
Bremsen: 2002-turbo-Bremsanlage mit innenbelüfteten Scheiben vorn und turbo-Trommelbremsen hinten
Räder: BBS „RS“ in 7 x 15 ET25n
Reifen: BF Goodrich „Advantage“ in 185/55 R15
Karosserie: „Calypso-Rot Metallic“, Baur-Cabriolet-Umbau
Innenraum: BF Torino Sportsitze; 350 mm Momo Prototipo-Lenkrad; Alpina-Schaltknauf; Colorglas; Blaupunkt-Radio