Big Boys, big Toys
Tuning gegen Trübsal
Manchmal grätscht einem das Leben von hinten in die Bein. Bleibt man dann liegen, oder steht man wieder auf? Helmut aus Köln – auch als „Golden Tiger“ bekannt – nahm alle Energie zusammen und baute mehrere sensationelle BMW auf, zuletzt diesen M4.
„Ich war einst aktiv im Tanzsport und legte mit meiner Lebenspartnerin einen flotten Boogie Woogie aufs Parkett. Doch nach ihrem viel zu frühen Tod vor über 20 Jahren fand ich keinen Spaß mehr daran und orientierte mich um. BMWs hatten mir schon immer gefallen, und von der Stange mussten sie für mich nicht bleiben. So landete ich schließlich in der der Tuning-Szene, zunächst mit einem E36 Cabrio. Dem folgte mein ziemlich bekanntes E46 Cabrio ,Golden Tiger‘, für den Alltag nutze ich derzeit einen ganz vernünftigen Mini. Ich bin aber ein erwachsenes Kind und brauche immer mal wieder ein schönes Spielzeug!“
Das fand der ehemalige kölsche Jeck 2015 allerdings nicht bei Toys’R’us, sondern in der lokalen BMW-Niederlassung in Form eines brandneuen M4. Der erstrahlte nicht lange in „Sakhir Orange II“, denn Helmut gelüstete es alsbald nach einer mattroten Folierung. Und dann nach einem der damals so angesagten „Liberty Walk“-Breitbau-Kits. Nach Anschrauben desselben waren natürlich noch neue Räder nötig, und seither war „Bürger H“ wieder als rheinische Frohnatur unterwegs.
Nach einigen spaßigen Saisons war das geliebte Spielzeug reif für eine Generalüberholung – weg vom schrillen Krawallbruder, hin zur Eisenfaust im Samthandschuh. Das zu stemmen war nichts für einen alleine, also holte Helmut Jochen von JM Car Design ins Boot: „An der Folie hatte ich mich sattgesehen und an den Schrauben des Liberty-Bodykits auch. Das laminierte mir Sascha Mau in seiner Lackiererei nahtlos an, anschließend hüllte er mir das Coupé in tiefes ‚San-Marino-Blau‘ mit Glitzereffekt. Ich überlegte währenddessen, was sich mit den hochglanzpolierten Competec-Alus anstellen ließe. Eine 3D-Verchromung gefiel mir am besten, dazu bekamen die 20-Zöller den Stern in ‚Champagnergold‘ lackiert – das passt prima zu den Sätteln der Carbon-Keramik-Bremsen dahinter.“ JM verbaute obendrein ein KW-„Clubsport“-Gewindefahrwerk für mehr Tiefgang sowie KW-Spurstreben. Ferner hielten eine Direktluftansaugung von Eventuri, ein CSF-Ladeluftkühler und eine Akrapovic-Klappenauspuffanlage samt speziellem Diffusor Einzug. Helmut ist voll des Lobes: „Das sind zwar alles nur Änderungen der Peripherie, aber ungemein wirkungsvolle – mein M4 zieht jetzt ein ganzes Stück besser durch. Der Sound ist sowieso der helle Wahnsinn!“
Das war schon ein schöner Schluck aus der Pulle, aber warum es bei einem belassen? Andre von Benda Interiors hatte all die Leckereien aus Kohlefaser-Kunststoff, die Helmut so vorschwebten. Vorsteiner-Heckflügel, Tankverschluss-, Außenspiegel- und Antennenkappen, Embleme, allerhand Zierblenden, Bedienelemente: Her damit, ran damit! Weitere Schmankerl fanden sich im BMW-Programm selbst, konkret die Vollcarbonhaube sowie die OLED-Rückleuchten vom M4 GTS. „Die OLEDs habe ich zum halben Neupreis bekommen. Trotzdem waren sie immer noch ganz schön teuer“, lacht der BMW-Fan. „Tja, wer schön sein will, muss leiden!“ Damit Helmut die unbestrittene Schönheit des Motorraums jederzeit vorführen kann, bekam die Haube noch stimmige Rennsport-Schnellverschlüsse von Aerotech. Was innen noch nicht CFK-bedeckt war, hüllte Björn von der Interior Factory Weißen in Echtleder und Alcantara, was neben den Sportsitzen und den Türverkleidungen auch den Himmel, den Fußraum, das Lenkrad und den Mitteltunnel beinhaltete; aktuell ist der Kofferraum in Arbeit. Halbe Sachen sind halt nichts Ganzes.
Das Publikum, verrät der stolze Besitzer, fährt voll auf dem M4 ab. Oft seien die Interessenten erstaunt von dem edlen Tuning an dem hochmotorisierten Auto. Ist da nicht manchmal eine kleine Kostprobe für die Jungs mit großen Augen drin? Da ist Helmut ganz schnell auf 180, allerdings nicht wegen der 431 PS: „Ich bin in der Tuningszene fest verwurzelt, aber ich bin kein Raser“, stellt er klar. „Ich muss keinem etwas beweisen, und Street Racing verachte ich. Abgesehen davon, dass es hochgefährlich und illegal ist, wäre mir das Material dafür auch viel zu schade.“ Um mit gutem Vorbild voranzugehen, engagiert er sich daher im Projekt „it’s tuning, not racing“, das BMW SCENE als Medienpartner ebenfalls unterstützt. Es hat zum Ziel, junge Leute – let‘s face it, Männer – von dem hochriskanten Spiel mit dem Tod abzuhalten, das so mancher mit dem Leben bezahlt, ob nun als Fahrer, Passagier oder Unbeteiligter. „Eine gute Show ist schockierenden Bildern allemal vorzuziehen. Selbst die Polizisten, wenn sie neben mir an der Ampel stehen, lachen und freuen sich mit Daumen hoch. Angehalten haben sie mich noch nie – wäre aber nicht schlimm, es ist ja alles eingetragen!“
Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg
Web: itstuningnotracing.de
YouTube: it’s tuning, not racing
Feature Facts: 2015er BMW M4 F82 Liberty Walk (F87)
Motor:
R6 S55B30, 2979 ccm, CSF-Ladeluftkühler, Eventuri-Direktansaugung, 431 PS bei 5500–7300 U/min, 550 Nm bei 1850–5500 U/min, Akrapovic-Klappenauspuff
Kraftübertragung:
7-Gang-DKG, Sperrdifferenzial, Hinterradantrieb
Fahrwerk:
zweifach verstellbares KW-„Clubsport“-Gewindefahrwerk, KW-Spurstangen
Räder:
Competec „C01“ 3D-verchromt, Stern in „Champagnergold“ lackiert, vorn in 9,5 x 20 und hinten in 12,5 x 20
Reifen:
Continental „Sport Contact“, vorn in 255/30 ZR20 und hinten in 325/25 ZR20
Karosserie:
lackiert in „San-Marino-Blau“ mit Glitzereffekt, „Liberty Walk“-Breitbau-Bodykit, M4-GTS-Motorhaube, Vorsteiner-Heckflügel und Akrapovic-Diffusor aus Carbon; Carbon-Abdeckungen für Tankverschluss, Antenne und Außenspiegel; M4-GTS-OLED-Rückleuchten
Interieur:
komplett mit Echtleder und Alcantara bezogen, Nähte in BMW-M-Farben, Carbon-Zierblenden und -Embleme
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