The Phoenix
Erst am Boden zerstört, dann märchenhaft wiedergeboren: besser als neuer E34 mit V8
Fast jeder kennt das Fabelwesen Phönix: Zum Ende seines Lebens immer ramponierter, verschafft sich der Vogel einen großen Abgang, indem er zu Asche verbrennt. Noch krasser ist aber das, was dann kommt: Aus der Asche heraus erhebt sich der Phönix wieder, und zwar in voller Pracht. Dieses Kunststück schaffte auch der hier vorgestellte E34. Allerdings nicht aus eigener Kraft, sondern nur, weil sein Besitzer Werner einfach nicht aufgeben wollte und extrem viel Mühe und Nerven in den Fünfer investierte.
Werner ist 30 Jahre alt, kommt aus dem österreichischen Leibnitz und arbeitet als Ingenieur in der Fahrzeugtechnik. Vor elf Jahren hatte er eine Lehre zum Kfz-Techniker bei BMW begonnen, um aus seiner Begeisterung für Autos einen Beruf zu machen. Zuvor gingen ein Mazda, Honda und Renault durch seine Hände, die er, wie er es selbst ausdrückt, „modifizierte, wie es meine Fähigkeiten zuließen“. Mit der Ausbildung wuchs seine Kompetenz – und fast zwangsläufig die Lust auf Autos der Marke BMW.
Der erste eigene BMW war dann ein 320i (E36), „und ich war erstaunt, wie sauber er im Vergleich zu meinen bisherigen Autos lief“, erinnert sich Werner. Es folgte ein 328i (E36), der Werners erste große Auto-Liebe wurde und zugleich sein erstes größeres Projekt. Von diesem Zeitpunkt an hatte ihn das Herrichten und Individualisieren von BMWs wie eine Droge gepackt. In Werners Fall verlangte die Sucht dann nach einem E34, es musste aber unbedingt ein Achtzylinder mit Handschaltung sein. Genau den fand er in Deutschland in Form eines 530i V8. Leider befand sich der Wagen in keinem sonderlich guten Zustand, doch immerhin war er original und hatte nur zwei Vorbesitzer.
Werner kaufte den Wagen und fühlte sich himmlisch, bis ihn die erste Bestandsaufnahme zurück auf den Boden warf: Rost war mit Ofenfarbe übermalt worden, Leisten mit Spax-Schrauben fixiert und vieles mehr. So reifte der Plan, den 5er nur so weit wie nötig herzurichten und eine Neulackierung im Ausland zu beauftragen. So sollte er dann die TÜV-Hürde nehmen und weiterverkauft werden. Nachdem Werner die technischen Mängel beseitigt hatte, zerlegte er die Limousine und verfrachtete sie per Hänger zu einem tschechischen Lackierer.
Ein paar Monate später kam der Wagen zurück – allerdings nicht als strahlender Phönix, sondern fast noch schlimmer als vorher. „Er trug nicht die Originalfarbe, da offenbar falsch angemischt wurde“, erinnert sich ein frustrierter Werner. Zudem waren die Teile offenbar nicht zeitgleich lackiert worden, weshalb es unterschiedliche Farbtöne gab. Und die Spenglerarbeiten präsentierten sich laut Werner „unter aller Sau“. Schlimm, zumal dieselbe Lackiererei in der Vergangenheit durchaus gute Ergebnisse gelieferte hatte. Natürlich versuchte Werner zu diskutieren und zu verhandeln, was aber leider nichts half. Was nun? Über ein Jahr stand der E34 traurig in Werners Scheune. Dann fasste der BMW-Fan einen Entschluss: Ich baue ihn trotz allem neu auf, und zwar so gut wie nur irgend möglich!
Zunächst befreite er die Karosserie vom alten/neuen Lack und kontrollierte alle durchgeführten Arbeiten des Lackierers. „Das war auch gut so“, sagt Werner, „denn sämtliche Maßnahmen unter der Spachtelmasse hätten auch von einem Bäcker gemacht sein können.“ Nachdem alle Karosseriearbeiten – diesmal fachgerecht! – ausgeführt waren, bekam der BMW sein neues Lackkleid im Original-Farbton „Granitsilber“. Zudem wurden sämtliche Achsteile gestrahlt und gepulvert sowie alle Lager und Schrauben et cetera erneuert. Tatsächlich sieht dieser 5er heute auch von unten mega-sauber aus. Zudem ersetzte Werner Scheinwerfer, Leisten und Dichtungen, der Innenraum wurde ebenfalls erneuert. Viele weitere Kleinigkeiten optimierte er im Laufe des letzten Jahres, doch fertig wird so ein Projekt ja irgendwie nie… Dafür steht bei Werner schon das nächste in den Startlöchern – ein M3 (E46) Touring. Wir freuen uns auf die nächste „märchenhafte Wiedergeburt“ aus Leibnitz!
Text: Bernd Bartels
Fotos: Frank Schwichtenberg
Feature Facts: 1994er BMW 530i V8 (E34)
Motor:
M60B30 V8, 2.997 ccm, komplett revidiert, Supersprint-Edelstahlauspuff ab Kat, 218 PS
Kraftübertragung:
Fünfgang-Schaltgetriebe (Serie), neues Differenzial mit 3.38er Übersetzung und 25-prozentiger Sperre
Fahrwerk:
KW-Gewindefahrwerk, Eibach-Stabilisator vom M5 (E24) Touring, 15-mm-Spurverbreiterung von ST Suspension; sämtliche Achskomponenten erneuert, aufbereitet, gepulvert etc.
Bremse:
vorne Vier-Kolben-Bremsanlage vom E32/EBC-Turbo-Groove-Scheiben (324 x 30 mm), Red-Stuff-Beläge
Räder:
BBS „RC061“/“062“, vorne 8 x 18 ET20, hinten 9 x 18 ET22, Umbau auf Zentralverschluss-Optik; Schrauben, Sechskant und Ventile vergoldet (24 Karat); Außenbett poliert, Innenbett gedreht
Reifen:
Hankook „Evo 2“, vorne 225/40 R18, hinten 255/35 R18
Karosserie:
komplett restauriert, 540i-Frontstoßstange, M-Technik-Schweller, Shadowline-Leisten, Nieren in Schwarz Hochglanz, Hella-„Black“-Scheinwerfer mit Fadenkreuz, getönte Frontblinker, schwarze Nebelscheinwerfer, M5-Rücklichter, Heckblende, US-Sidemarker, US-Kennzeichen-Blende, Neulackierung im Originalfarbton „Granitsilber“
Innenraum:
mit M-Rain-Stoff und tiefschwarzem Alcantara bezogene M5-Sitze und Verkleidungen , Sitzheizung nachgerüstet, Armlehnen nachgerüstet, beleuchteter M-Schaltknauf, M5-Ablagefach, Münzfach-Türverkleidungen, rote Gurte „20 Jahre BMW Motorsport“, Interieur-Leisten mit echtem Carbon laminiert, Einstiegsleisten Sonderanfertigung, M5-Himmel mit sämtlichen Anbauteilen, neu bezogenes E39-M-Lenkrad mit „12-Uhr-Markierung“, Hutablage in Alcantara
Hifi:
BMW-„Professional“-RDS-Radio, USB Interface, Focal-„K2“-Frontsystem, Audio-System-„F2 300“-Endstufe
