Feature: 1958er BMW Isetta 300 Export (Niedersachsen)
Ein Leben mit der Knutschkugel
Nach dem Krieg ist vor dem Exitus: Sport- und Luxuswagen waren zwischen Trümmerbergen nicht ganz so gefragt, wie BMW sich das gewünscht hätte. Umso populärer, da erschwinglicher, waren Motorräder, Motorroller und sonstige motorisierte Kleinstfahrzeuge.
Viele Kunden konnten sich zunächst allenfalls motorisierte Zweiräder leisten und von einem vollwertigen Pkw – auch wegen des hierzu nötigen Führerscheins der Klasse III – bestenfalls träumen. Mit dem alten Klasse-IV-Führerschein ließen sich indes auch Kraftfahrzeuge bis 250 cm³ bewegen, was sich viele Anbieter und Kunden zunutze machten. Die Anzahl von Spur und Rädern war bei den auch als „Asphaltblasen“ bekannten motorisierten Kleinstfahrzeugen wie dem BMw Isetta 300 durchaus veränderlich, aber wenn man nichts hatte, musste man eben improvisieren. Pläne für einen Kleinstwagen hatte BMW auch nicht, also ging man organisieren.
Der italienische Zweiradproduzent Iso Rivolta zeigte sich aufgeschlossen gegenüber der Anfrage nach einer Lizenz zum Bau und Vertrieb seines 1954 präsentierten Rollermobils Isetta, deren Name glücklicherweise nicht als Isochen oder Isolein eingedeutscht wurde. Nach Vertragsabschluss wurde die Iso Isetta in München konstruktiv optimiert: Sie erhielt einen mit Gebläsekühlung und Starterlichtmaschine modifizierten 245-ccm-Einzylinder aus dem BMW-Motorradprogramm. Das Publikum und die Fachpresse waren zur Vorstellung am 5. März 1955 aus dem Häuschen; bis zu ihrer Einstellung 1962 gingen für die ab 2.580 DM erhältliche Knutschkugel insgesamt 161.728 Bestellungen ein.
Diese Zahl toppte nur das – allerdings bis 1969 gefertigte – Goggomobil von Glas. Der neue Hausherr der Dingolfinger namens BMW hatte Größeres mit dem Werk vor und befand die Zeit dieser Kleinstwagen endgültig für abgelaufen. Der Erfolg der Isetta verhalf BMW aber zu den schwer benötigten Geldern und auch zur nötigen Atempause zum Entwickeln neuer Modelle. In der Folge entstanden der BMW 600, der BMW 700 und schließlich die Neue Klasse, die das Fortbestehen der Marke letztlich sicherstellte. Denn – das sei ebenfalls nicht vergessen – der für BMW wie auch für andere längst nicht mehr vorhandene Hersteller wichtige, einstmals große deutsche Motorradmarkt brach noch in den 50ern weg. Wer es seinerzeit irgend konnte, gönnte sich auch auf der Straße ein Dach über dem Kopf…
Den kompletten Artikel findest Du in BMW SCENE live Ausgabe 4/18.
Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg