Rasanz in Reinkultur

Motorsport hoch drei: Die Technik dieses M3 entspricht in vielen Punkten der DTM-Spezifikation von 1992.

Dieser M3 bringt den Rennsport auf die Straße

Renommierte Autohersteller, so auch BMW, rühmen sich stets gern damit, technische Errungenschaften für die Piste in ihre Straßenfahrzeuge einfließen zu lassen. Umfangreiches DTM-Know-how steckt auch in Ibos E30 …

Ibrahim sammelt seit über 20 Jahren M-Modelle, vorwiegend M3 der ersten Generation. Diese Leidenschaft und Sammelwut brachte ihm bisher nicht nur mehr als 30 BMW E30 ein, sondern auch den Spitznamen Ibo M. In der Szene hatte er sich buchstäblich einen Namen gemacht, denn der wegen seiner Außenfarbe „Snoopy“ genannte Super-3er wurde ihm vor zehn Jahren von einem bekannten Rennstall allein aufgrund seiner Sammlung angeboten. Klar, dass der Stolberger einem reinrassigen Motorsport-M3 in der DTM-Spezifikation von 1992 nicht widerstehen konnte. Jenes Jahr war das letzte der regulären Blechkarossen; ab 1993 kamen die stark modifizierten Klasse 1-Typen mit Kohlefaser-Chassis, die vielmehr Renn-Prototypen denn seriennahe Tourenwagen darstellten. Klassisch in Blech sind dann auch die Verbreiterungen um drei Zentimeter pro Seite vorn respektive fünf Zentimeter hinten gefertigt, zudem waren gelbe Hella-Scheinwerfer und Tropfenspiegel von AC Schnitzer vonnöten. Zu den originalen DTM-Stoßstangen gesellen sich vorn DTM-Schwert, Bonrath-Einarmwischer und Schnellverschluss-Haube sowie hinten der große DTM-Flap, alles in leichtem Carbon.

Hinter den BBS-Motorsport-Alus steckt eine Porsche-Bremsanlage.
Einschweißzelle und Carbon-Türverkleidungen strahlen pragmatischen Minimalismus aus.

 

 

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Innen steigert eine komplette Einschweißzelle von Dom zu Dom, inklusive Achsverstärkungen, Sicherheit und Verwindungsfestigkeit. Tür- und Seitenverkleidungen kommen wie die Hutablage in Carbon daher; weiteres Motorsport-Flair verströmen die originale Evo-Fußstütze, die AC-Schnitzer-Pedalerie, der Catchtank im Kofferraum mit zwei Renn-Kraftstoffpumpen und der Stromkreisunterbrecher am Windlauf für den Notfall. „In den FIA-Carbon-Cobra-Vollschalen mit den Sabelt-Fünfpunkt-Gurten kann ich das 36er Alcantara-Momo auf der verlängerten Lenksäule und den CAE-Shifter auf etwa gleicher Höhe absolut perfekt bedienen“, strahlt ein glücklicher Ibo M. „Dabei habe ich neben der Drehzahl Ladestrom, Öldruck, Motor-, Getriebe- sowie Differenzialöltemperatur bestens im Blick. Wirklich alles am Fahrzeug ist eingetragen, das ist heute bei den ganzen Verordnungen sicher nicht mehr möglich!“

Die windschnittigen Tropfenspiegel liefert AC Schnitzer zu.
„Evo”-lutionärer Vorteil: Dichtungen zwischen Stoßstange und Karosserie sowie zwischen Kotflügeln und Haube sorgen für Aero-Feinschliff.
Statt eines S14 füllt hier ein gemachter M5-Sechsender den Motorraum aufs Edelste aus.
Die straßenzugelassenen Semi-Slicks unter den in Blech zusätzlich verbreiterten Kotflügeln stellen maximalen Grip sicher.

 

 

 

 

 

 

Zu den zahllosen Änderungen im Fahrzeugschein gehört auch der 1993 nagelneu implantierte S38B36 aus dem großen Bruder M5 E34. Dessen an sich ordentliche 315 PS wurden Snoopy aber nicht gerecht, daher wurde der Motor aufgebohrt, bekam andere Schrick-Nockenwellen und natürlich im gleichen Atemzug auch einen komplett bearbeiteten Kopf. Ausgeatmet wird über einen Schnitzer-Motorsport-Fächerkrümmer mit Sportkats und einer maßgefertigten Auspuffanlage. Die Serien-Ölwanne wich einem flacheren Pendant mit größerem Volumen, der Wasserkühler einem DTM-Alu-Rennkühler. Auch das Getrag-Sportgetriebe ließ Ibrahim im Laufe der Zeit von Quaife auf sequenzielle Bedienung umbauen, zudem zog ein verstärktes und gekühltes Sperrdifferenzial aus einem Z3 M Coupé ein. „Bei der Quaife-Box ist nur zum Einlegen vom Rückwärts- und vom ersten Gang zu kuppeln – bei den übrigen vier Gängen muss ich den Shifter nur scharf angucken, dann sind sie schon drin. Ganz im Ernst: Die Schaltzeiten von 0,014 Sekunden liegen auf CSL-Niveau.“

Da die vorn 12- und hinten 18-fach einstellbaren Gruppe-A-Achsen komplett dem DTM-Stand 1992 entsprechen, genießt „Snoopy“ eine komplette Unibal-Lagerung am Unterboden. Auch das extra angefertigte sowie in Druck und Zug einstellbare McPherson-Gewindefahrwerk von Eibach/KW ist ein echter Klassiker. Neueren Ursprungs und absolut standesgemäß ist die Vier-Kolben-Bremsanlage von Porsche an Vorder- und Hinterachse mit Stahlflexleitungen, Endless-Rennbremsbelägen sowie einem Waagebalken-System vom Porsche GT3 RS, um den Bremsdruck vorne und hinten variieren zu können. Über den feisten Scheiben residieren die konzeptionell goldrichtigen BBS-Motorsport-Alus der CH-R-Reihe im 18-Zoll-Format; ein anderer Hersteller kam selbstverständlich nicht in Frage.

Ab geht‘s! Die Carbon-Haube ist zu Wartungszwecken im Handumdrehen abmontiert.

„‚Snoopy’ kommt aktuell auf 372 PS an der Hinterachse und wiegt vollgetankt mit mir drin schlanke 1150 kg. Das Fahrverhalten ist supersportlich, absolut kein Vergleich zu einem Straßenwagen. Da der Motor ein gutes Stück weit nach hinten versetzt eingebaut wurde, ist Kopflastigkeit wirklich kein Thema. Auch das Heck bricht nicht ohne weiteres aus, der Grenzbereich liegt sehr hoch. Der M3 fährt sich tatsächlich sicher wie auf Schienen und ist auch auf dem Nürburgring zu extremen Kurvengeschwindigkeiten fähig, wenn die straßenzugelassenen Nankang-Semi-Slicks erst einmal auf Temperatur sind.“ Nicht semi, sondern in jeglicher Sicht voll unterstützt beim blau-weißen Hobby wurde Ibrahim die ganzen Jahre: „Ich möchte mich an dieser Stelle ganz besonders bei meiner Familie und Freunden bedanken, speziell bei meiner Mama – love U!“ Wir danken auch, wäre die BMW SCENE doch sonst um ein echtes Geschoss ärmer gewesen.

Ohne Schalensitze und Hosenträger-Gurte geht in einem Rennwagen nichts.
Jegliche Abtriebssorgen eliminiert der fette Flap am Flügel.

 

 

 

 

 

 

Typisch DTM: Nur das Nötigste ist drin, garniert von Momo-Lenkrad und CAE-Shifter.
Typisch DTM: Nur das Nötigste ist drin, garniert von Momo-Lenkrad und CAE-Shifter.

 

 

 

 

 

 

Text: Arild Eichbaum

Fotos: Frank Schwichtenberg

FEATURE FACTS: 1990er BMW M3 E30

Motor:
S38B36-DOHC-24v-Reihensechszylinder, aufgebohrt auf 3.796 ccm, 372 PS an HA, Schrick-Nockenwellen, Kopf bearbeitet, Motorsport-Ölwanne, DTM-Alu-Rennkühler; Custom-Auspuff mit AC-Schnitzer-Motorsport-Fächerkrümmer und Sportkats

Kraftübertragung:
sequenzielles Quaife-Fünfgang-Getriebe mit CAE-Shifter, verstärktes und gekühltes Sperrdifferenzial aus Z3 M Coupé, Achsübersetzung 3,15:1

Fahrwerk:
Eibach/KW-McPherson-Gewindefahrwerk in Druck und Zug einstellbar, komplett Unibal-gelagert

Bremsanlage:
Porsche-4-Kolben-Bremsanlage, 345-mm-Scheiben vorne/340-mm-Scheiben hinten, Endless-„CC40”-Rennbremsbeläge, Waagebalken vom Porsche GT3 RS

Räder:
BBS „CH-R” in 8,5 x 18” vorn und und 10 x 18” hinten

Reifen:
Nankang-„AR1”-Semislicks in 225/40 R18 vorne und 265/35 R18 hinten

Karosserie:
vorn um 3 und hinten um 5 cm pro Seite in Blech verbreitert, Cardiff-Einschweißzelle, DTM-Stoßstangen, DTM-Schwert, Bonrath-Einarmwischer, Schnellverschluss-Haube und DTM-Flap in Carbon, Catchtank im Kofferraum mit zwei Renn-Kraftstoffpumpen

Innenraum:
Momo 360-mm-Alcantara-Lenkrad, FIA-Carbon-Cobra-Vollschalen, Sabelt-Fünfpunkt-Gurte; Hutablage, Tür- und Seitenverkleidungen in Carbon; originale Evo-Fußstütze, AC-Schnitzer-Pedalerie

 

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