Seit Vorstellung der 02-Baureihe bemühen sich private wie professionelle Tuner, das Potenzial des Modells durch Leistungssteigerungen oder den Einbau größerer Maschinen auszuloten. Über die Jahre wurden etwa Vierzylinder aus verschiedenen 3er-Serien sowie M20- und M30-Sechszylinder in Fahrzeuge der 02-Serie verpflanzt. Einige Furchtlose quetschten gar bereits den Fünfliter-V8 aus dem M5 E39 unter die Haube des Zweitürers. Zum unkomplizierten Charakter des 02 passt jedoch nach wie vor am besten ein leichter und drehfreudiger Vierzylinder…
Bei diesen Stichworten denkt der BMW-Kenner an den S14-Sechzehnventiler aus dem M3 E30. Bei 6.750 Touren leistete die 2,3-Liter-Variante 195 PS, die spätere S14B25-Ausführung der „Sport Evolution“-Modelle brachte es gar auf 238 PS. Tatsächlich wurden in den 1990er und frühen 2000er Jahren S14-Triebwerke, meist aus verunfallten M3, in 02-Karosserien eingebaut. Begünstigt wurde der Tausch dadurch, dass die M3-Maschine konstruktiv auf dem serienmäßig im 02 verwendeten M10-Motor basiert und daher beinahe nach dem Plug-and-Play-Prinzip montiert werden kann.
Theoretisch ist der kompakte M3-Vierzylinder also der perfekte Partner für die leichte 02-Karosse, jedoch hat die praktische Umsetzung einen gewaltigen Haken: S14-Motoren sind heutzutage nur noch sehr schwer aufzutreiben und kosten eine ordentliche Stange Geld. Auch Ersatz- und Kleinteile, die für ein solches Projekt nötig sind, schlagen heftig ins Kontor. Wenn man jedoch ein wenig über den Tellerrand der Propeller-Welt hinausblickt, findet sich eine interessante Alternative.
Der Honda-F20C-Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum passt hinsichtlich der Abmessungen problemlos in den Motorraum des 02, ebenso wie die in den USA ab 2007 verwendete F22C-Variante mit 2,2 Litern Hubraum. Beide Ausführungen liefern rund 240 PS bei knapp unter beziehungsweise knapp über 8.000 U/min. Vor circa zehn Jahren lernten die ersten „S2002“ das Laufen, und Igor Polishchuck, Inhaber der Firma CAtuned aus Sacramento, erkannte bereits früh, wie gut der kompakte-BMW-Klassiker mit dem modernen Honda-Triebwerk harmonierte. CAtuned entwickelte daher einen Einbausatz, der den Honda-Swap erleichterte.
Auch außerhalb des BMW-Universums finden sich interessante Kandidaten für einen Motorentausch.
„Wir entwarfen Halter für Motor und Getriebe sowie alle nötigen Teile, um das Kühlsystem anzupassen“, berichtet Igor. Um auch das Sechsgang-Getriebe aus dem Honda S2000 unterzubringen, muss das Bodenblech im Bereich des Getriebetunnels herausgetrennt und durch ein neugebautes größeres Blechgehäuse ersetzt werden. „Wenn man den Honda-Motor zusätzlich mit einem Turbolader versieht, dann zerlegt es relativ bald das serienmäßige Differenzial. Daher bieten wir den Kunden unsere ‚Monster‘-Hinterachse an, die den Einbau von BMW-Differenzialen aus dem E28 oder E30 erlaubt.“
Hier blieb es bei der Saugmotor-Konfiguration; trotzdem kam die verstärkte CAtuned-„Monster“-Hinterachse, bestückt mit einem 4,10:1 übersetzten Sperrdifferenzial, zum Einsatz. Selbige ist mit stabileren Wellen ausgerüstet und erlaubt die Einstellung von Spur und Sturz. Das Honda-Triebwerk wurde mithilfe einer AEM-Standalone-Motorsteuerung zum Laufen gebracht und außerdem mit einem Cold Air Intake desselben Herstellers versehen. Ein maßgefertigter Alukühler und passende Schläuche sorgen dafür, dass der Honda F22C auch dann einen kühlen Kopf behält, wenn er voll ausgedreht wird.
Damit der Fahrer nicht ins Schwitzen gerät, wenn er die 240 PS des Fremdmotors ausschöpft, wurden auch Fahrwerk und Bremsen des serienmäßig 100 PS starken 2002 grundlegend verbessert: die originalen Federbeine vorn sowie die Federn und Stoßdämpfer an der Hinterachse wichen höhen- und härteverstellbaren Coilover-Einheiten. Die vorderen Domlager ersetzte CAtuned durch Einstellplatten, die eine Justierung von Sturz und vor Nachlauf ermöglichen. Die vorderen Serien-Scheibenbremsen tauschten die Schrauber aus Sacramento gegen ein hauseigenes „Stage 2“-Big Brake Kit, anstatt von Trommelbremsen arbeiten an der Hinterachse nunmehr Scheibenbremsen aus dem Programm der Firma 2002 Garagewerks.
Optisch wertete CAtuned den „S2002“ mit einer originalen Turbo-Frontschürze vom BMW E20 und passenden Radlaufverbreiterungen auf, die mit dauerhaft glänzenden Edelstahlschrauben befestigt wurden. Unter den breiten Kotflügelaufsätzen drehen sich neun und zehn Zoll breite „Autostrada Modena“-Leichtmetallräder in 17 Zoll, die dem kleinen BMW einen Hauch Supersportwagenflair verleihen. Im Innenraum verrät das digitale Cockpit aus dem Honda S2000, dass dieser Nullzwo nicht ganz naturbelassen ist. Erst auf den zweiten Blick fallen die hinteren Einzelsitze aus einem 6er E24 auf, welche die serienmäßige Rücksitzbank ersetzten und bestens mit den Recaro-Sportsitzen in der ersten Reihe harmonieren.
Noch bevor der „S2002“ fertig war, fand Igor einen Käufer: „Vor sechs oder sieben Jahren hatte ich den 02 gekauft und irgendwann mit dem Umbau begonnen, da ich einen passenden Motor und alle Teile vorrätig hatte. Der BMW kam gerade vom Lackieren zurück, als ein Kunde, der ein Spaßauto suchte, darauf aufmerksam wurde. Wir einigten uns, und ich habe den Wagen nach seinen Wünschen fertiggestellt.“ So entpuppte sich der 2002 mit Honda-Swap für Igor und den neuen Besitzer als gutes Geschäft!
Text: Frank Mundus
Fotos: igor Polishchuck/CAtuned
Auch interessant: Tokyo Drift