Mit dem M4 machte Chin aus der Not eine Tugend
Ah ja, Tokyo Drift, autobegeisterten Kinogängern sofort als dritter Teil der „Fast and Furious“- Reihe bekannt. Rasant und rasend wie die vierrädrigen Leinwandhelden ist auch der umfangreich modifizierte BMW M4 von Shin-ichiro, der ebenfalls in der Hauptstadt Japans lebt.
Als Manager einerseits mit einem gut bemessenen Taschengeld versehen und andererseits stets ein repräsentatives Fahrzeug benötigend, kam Shin natürlich alsbald in den Kontakt mit Premium-Autos. Da der bis dato gefahrene Range Rover Evoque angesichts dreier prächtiger Kinder sich doch als deutlich zu kompakt erwies, schaffte der Japaner als guter Vater ein geräumigeres SUV in Form eines 2015er BMW X5 F15 an. Der Münchner bekam den Zuschlag gegenüber dem ebenfalls ins Auge gefassten Audi Q7, da er mit deutlich besserem Handling punktete. Bald stand dem X5 ein 116i zur Seite, dann ein 523 F10. Doch glücklich wurde der Japaner mit den Vierzylinder-Modellen nicht, binnen Jahresfrist schaffte Shin einen kraftstrotzenden M4 der F82-Reihe an.
Das war, wie er betont, sein erster nicht vernunftbetonter Autokauf: „Der wesentliche Grund, warum ich einen M4 angeschafft habe, war, dass ich tief beeindruckt war, als ich den M4 GTS auf der Motor Show in Tokyo sah. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dachte, dass ich ein Auto von Herzen wollte. Da M4 GTS jedoch damals nur per Losentscheid gekauft werden konnte, entschloss ich mich, einen regulären M4 zu kaufen. Anschließend hat es sich als großen Spaß herausgestellt, diesen M4 näher an den M4 GTS zu bringen.“ Aber wie das eben so ist: Fängste einmal an, ist ein Ende meist nicht so schnell in Sicht – ein weltweit beobachtetes Phänomen. Weltweite Beachtung fand das heißgemachte BMW Coupé denn auch auf dem Instagram-Account seines Eigners @majishin4, schließlich hatte Shin ganze Arbeit geleistet.
Internationale Anbieter versammelt
Die Serienfrontschürze wurde um einen Carbonfaser-Splitter aus dem Hause RSC Tuning ergänzt, während die Schwellerverkleidungen und der Heckdiffusor von 3D Design aus Japan stammen. Ferner befand Shin, dass sich zu Carbondach und Carbondomstrebe auch eine Carbonmotorhaube gesellen dürfe. Dies ist jedoch zwischenzeitlich geschehen, auf unseren Bildern ist das Leichtbauteil mit großzügigem Kühlluftauslass noch nicht zu sehen. Die gewünschte Nähe in Richtung GTS ließ sich wenig überraschend am besten anhand originaler GTS-Teile, und so hielten achtern ein Satz OLED-Rückleuchten und der markante Flügel aus dem BMW-Regal Einzug. Die OLED-Rückleuchten des M4 GTS waren Ende 2015 eine Weltneuheit und sind immer noch ein echter Blickfang. Die Scheinwerfer wurden ebenfalls ausgetauscht, allerdings gegen solche des floridianischen Anbieters OSS designs mit geradezu unerhört zackig gestalteten Tagfahrlichtern.
Auch am glänzend schwarzen Lackkleid der Nuance „Black Sapphire“ hatte man sich satt gesehen, folglich erhielt das M4 Coupé ein neues von Bruxsafol Platinum Wrapping im auffälligen Farbton „Matt Anodized Red“. Tieferlegungsfedern allein hielt der Geschäftsführer für nicht ausreichend, also wichen die stählernen Spiralen einem Quartett Luftbälge von Air Lift Performance. Zu Luftspeichertank und Kompressor liegt uns leider nichts Konkretes vor außer der Tatsache, dass sich der M4 per iPhone-App hoch- und runterfahren lässt. An neuen Bremsen und hübschen Rädern durfte es natürlich nicht fehlen, und die Wahl fiel auf Stopper vom Typ Brembo GT sowie Alus von HRE des Musters S201 im feisten 20-Zoll-Format. Vorn tragen die 9,5 Zoll breiten Räder Michelin Pilot Sport 4S in 245/30R20, für die hintere 11,0-Zoll-Breite durften es 285/30er Schlappen sein.
Am GTS vorbeiziehen
Die geheiligten drei F waren damit also erledigt, doch konnte es bei Folie, Felgen und Fahrwerk ja nicht bleiben. Immerhin hat der GTS ja auch einen guten Schuss Mehrleistung gegenüber dem normalen M4, und so wollte es Shin auch halten. Dass er dabei ein wenig übers Ziel hinausschoss und das Sondermodell übertrumpfte – es gibt Schlimmeres. Zum Einsatz kamen Wasserkühler und Ladeluftkühler von VF Engineering sowie ein Gruppe M Ram Air System. Gruppe M ist übrigens das japanische Herstellerunternehmen, nicht etwa ein Tippfehler bei der FIA Gruppe N. Evolution Racewerks steuerte das Druckrohr bei und Access Evolution die Abgasanlage. Die deutsche Industrie durfte beim fernöstlichen BMW Tuning auch mitmachen, und so fand ein Steuermodul von Kelleners Verwendung.
Ergebnis der Anstrengungen? Nun, eine Messung auf dem Dynojet kam auf 543 PS. Damit dürfte der Standardspurt, den der serienmäßige M4 mit 431 PS und Siebengang-Drivelogic-Getriebe in 4,1 und der M4 GTS mit selbiger Kraftübertragung und 500 PS in 3,8 Sekunden absolviert, sich noch ein schönes Stück verkürzt haben. „Zu dieser Zeit ist mein Wagen in Japans BMW Szene ziemlich populär geworden, und ich bin sehr zufrieden. Nicht nur in Japan, sondern auch auf Instagram habe ich BMW-Freunde auf der ganzen Welt kennengelernt, das ist alles sehr angenehm.“ Da, wo die Liebesbeziehung mit dem roten Coupés ihren Anfang nahm, sollte sie Besitzer und Wagen erneut hinführen: Der Räderhersteller Rohana fragte an, ob Shin denn nicht den mittlerweile reichlich bekannten BMW auf ihrem Stand auf dem Tokioter Auto Salon ausstellen wollen würde.
Der wollte, auch wenn er hierfür verständlicherweise die HRE-Räder gegen einen Satz Rohanas tauschen musste. Und bei einer Custom Car Veranstaltung Summer Coast 2017 wurde der M4 als so herausragend angesehen, dass er folgerichtig mit dem Outstanding Award prämiert wurde. Von der Dynamik des traditionellen Pkw begeistert, musste auch bald der X5 F15 einem 540i G30 M Sport xDrive weichen, zudem wurde ein zweiter M4 angeschafft. Die abschließende Danksagung lässt sich der 38-Jährige nicht nehmen, richtet sie allerdings nicht an Freunde und Helfer: „Ich bin BMW dankbar.“ Muss ja auch mal gesagt werden.
Von Arlid Eichbaum